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ERDBEBEN IN PORT-AU-PRINCE

Queridos amigos,
como estan?

Meine Lieben, ich möchte meine verspätete Berichterstattung entschuldigen, ohne Grund habe ich einfach für längere Zeit eine Schreibpause eingelegt. Je höher die Temperaturen hier steigen, umso niedriger ist mein Kreativitätsdrang. Vlt. war auch eifach zu viel los.
Einiges will ich gerne mit Euch teilen, heute zumindest eins.

Also..

Dienstag, 12. Januar 2010. Es ist ca. 22:00 Uhr abends, ich und Christina sind schon fast im Bett. Ein heftiges Klopfen an der Tür. Es ist unsere Nachbarin. Sie ist ganz aufgeregt, fast panisch. Die Sätze sind ohne Zusammenhang, oder kam es mir nur so vor?.."Erdbeben..Haiti halb verwüstet..in Santo Domingo ganze Straßen und Wohnblöcke in Bewegung..Tsunamiwarnung..Diese Nacht werden Nachbeben erwartet..". Es war, als würde eine Stimme aus dickem Nebel zu mir sprechen. Worum geht es überhaupt? Ein schlechter Witz? Ein Film?

Das war der Moment, als ich zum ersten Mal vom Erdbeben gehört hatte. Es ereignete sich um ca. 17:00 Uhr. Ich war draußen im Dienst. Auf einmal vielen Kokosnüsse von den Palmen und krachten gegen die Wellblechdächer. Sonst sahen wir eine aufgespaltene Straße, aus der Wasser floß...eine Wasserleitung war kaputt. Wir hatten uns mit Christina gefragt, was so schweres vorbeigefahren haben könnte. Mehr haben wir nicht gespürt.

...Als die Worte der Nachbarin endlich "ankamen", hatte uns ein ungutes Gefühl erfasst. Angst? Sorge? Ahnungslosigkeit? Was sollen wir jetzt machen? Sollen wir schlafen gehen? Sollen wir warten? Sind wir hier sicher? Wie ernst ist es überhaupt?
Ohne Radio, Internet, Fernseher kommt man sich manchmal sehr isoliert vor. Jetzt besonders.
Aber uns ist nichts passiert. Viele in Ocoa haben das Erdbeben gespürt, vor allem die sich in den Häusern befanden. Einige schwache Wände sollen eingefallen sein, aber ohne Verletzte. Am Mittwochmorgen wurden bei uns ins Krankenhaus von San Jose de Ocoa die ersten Hubschrauber aus Haiti eingeflogen. Und auch im Dienst wurde an diesem Tag viel darüber gesprochen.
Ja, Haiti hat wirklich stark gelitten. Und der Ausmaß der Katastrophe wird nur langsam sichtbar. Man will nicht darüber nachdenken, wie stark die Schäden eigentlich sind. Nicht nur für das Land, sondern für jeden Einzelnen dort.

Aber dazu muss ich nicht viel schreiben, Ihr seid ganz sicher besser informiert, bzw. nicht weniger, welche Schreckensbilder das Erdbeben in Haiti hinterlassen hat. In einem Land, das ohnehin schon von Naturkatastrophen und politischen Unruhen gebeutelt ist, sich eigentlich am Existenzabgrund befindet und auch deswegen besonders schlecht auf eine solche Tragödie vorbereitet war.

Gestern waren wir zu einem Sondervortrag des Zonenaufsehers nach Santo Domingo zum Olympiastadium geladen. Hier gab es Informationen dazu, inwiefern es die Brüder in Haiti getroffen hat und wie versucht wird, so gut es möglich ist, zu helfen.
In der Gefahrenzone leben 10.000 Brüder. 104 sind verunglückt, viele sind verletzt, über 300 haben ihre Häuser verloren. Und das sind nur "Momentaufnahmen", die tatsächlichen Zahlen könnten viel höher liegen. Aber weder das Zweigbüro, noch der Kongresssaal haben ernsthafte Schäden abbekommen. Sie wurden zu Herbergen umgestaltet, in denen Hunderte von Betroffenen versorgt werden. Aus dem Zweigbüro in Santo Domingo wurden bereits 25 LKWs mit Nahrung und Medizin über die Grenze gefahren. Wir wurden zu Geldspenden aufgerufen. Auf keinen Fall sollte man versuchen, eigenständig rüberzufahren. Die Situation sei sehr gefährlich.
In Brooklyn wird außerdem ein französisch sprechendes Ärzteteam von Brüdern zusammengestellt, das in der nächsten Zeit in Port-au-Prince eintreffen soll.
Wie man sieht, sind die Brüder sehr besorgt und geben ihr Bestes, um Hilfestellung zu leisten. Wir beten, dass viele weitere Opfer vermieden werden können.

Ich will Euch auch an dieser Stelle für Eure Sorge danken. So viele haben zum Teil bereits am nächsten Morgen angerufen und geschrieben, gefragt, ob ich in Sicherheit bin. Ich kann versichern, dass es uns hier wirklich kaum betroffen hat.
Dabei ist die Insel nicht wirklich groß, zusammen mit Haiti sind es nicht mehr als etwa 450km mal 170km. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ist NRW viel anders von der Fläche? Jedenfalls ist die Entfernung zwischen Port-au-Prince und Ocoa kaum 200km!
Wie ich verstanden habe, hat die Dominikanische Republik deswegen kaum etwas abbekommen, weil das Beben sich ziemlich nah an der Oberfläche ereignet hat: Nur zehn Kilometer Gestein lag zwischen dem Bebenherd und der Erdoberfläche. So konnten die Bebenwellen nahezu ungebremst die Hauptstadt von Haiti erreichen (die meisten Erdbeben ereignen sich Hunderte Kilometer tief im Untergrund), und haben sich nicht auf den Rest der Insel ausweiten können. Im anderen Fall hätte es Haiti womöglich weniger getroffen, dafür aber uns umso mehr. Wir hatten viel Glück. Aber freuen kann man sich darüber nicht.

Vielmehr haben uns die Nachrichten und Berichte sehr mitgenommen. Es ist kaum zu glauben, dass es keine 200km weiter so ein Elend, und Chaos herrschen. Und uns sind die Hände gebunden.

Sehr traurig finde ich, dass trotz so einer Katastrophe die Jahresfesttage hier in Ocoa weitergehen. Die "Patronales" - zehn Tage laute Musik, Karussells, Zuckerwatte..während etwas weiter das Massenelend herrscht und Leichen die Straßen säumen, die Menschen verhungern und verzweifelt mit Händen durch die Trümmer nach ihren Familienangehörigen graben. Kinder suchen ihre Eltern, Eltern die Kinder. Es gibt kein Wasser, kein Essen, keine Medikamente.. und für die Meisten wird auch keine Hilfe kommen.
Es ist schrecklich, wie schnell solche Ereignisse alltäglich, fast "normal" werden. Das Leben geht irgendwie weiter.

Diesmal sehr traurige Grüße von der Karibikinsel.
Bis demnächst.

Eure Katharina

 

 

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INFO! N24 NEWS:

 

Erdbeben hätte auch Dominikanische Republik treffen können

 

 "Auf der Erdbebengefährdungskarte ist die Dominikanische Republik sogar deutlich höher eingestuft als Haiti", sagte der Leiter der Erdbebenwarte Bensberg, Klaus-Günter Hinzen, der Nachrichtenagentur AFP. "Auch die Dominikanische Republik hätte betroffen werden können, und auch andere Inseln in der Karibik sind im Grunde genommen erdbebengefährdet." 

 

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http://www.n24.de/news/newsitem_5756936.html